„Sie hat’s ernst gemeint.“ – Wie meine Freundin mich zu Strumpfhosen gebracht hat

Ich hätte nie gedacht, dass ich mal einen Blogbeitrag über Strumpfhosen schreiben würde. Geschweige denn einen, in dem es darum geht, wie ich sie selbst – als Mann – ganz selbstverständlich trage. Und dass ich mich dabei nicht nur wohl, sondern tatsächlich auch gut angezogen fühle.
Aber fangen wir vorne an.
Ich heiße Lukas, bin 29, Projektleiter in einer Agentur, die versucht, alles immer „besonders“ zu machen. Bei uns laufen Leute in Birkenstocks durchs Büro, jemand hat ein dauerhaftes Skateboard neben dem Schreibtisch stehen, und im Flur hängt ein Poster mit der Aufschrift: „Sei nicht normal. Sei ehrlich.“
Ich mochte das – ehrlich sein. Aber was Kleidung angeht, war ich immer ziemlich „normal“. Jeans, Sneaker, Shirt, wenn’s fancy sein musste, ein Hemd. Fertig. Mode war mir nie unwichtig, aber ich wollte nicht auffallen.
Dann kam Lisa.
Lisa ist anders. Sie hat diesen Stil, bei dem man nicht genau sagen kann, ob sie das jetzt zwei Stunden geplant oder sich einfach irgendwas übergeworfen hat. Wahrscheinlich letzteres. Sie trägt Strumpfhosen zu Oversize-Shirts, Hemden von ihrem Vater und Sneaker, die aussehen, als wären sie durch drei Jahrzehnte getanzt. Und trotzdem wirkt alles stimmig. Leicht. Und irgendwie... mutig.
Wir waren seit ein paar Monaten zusammen, als es passiert ist.
Es war Frühling, ein Sonntag. Ich weiß das noch genau, weil wir brunchen gehen wollten – irgendwo draußen, weil die Sonne sich endlich wieder blicken ließ. Ich stand vorm Kleiderschrank und meckerte rum: „Zu warm für Jeans, zu kalt für kurze Hose.“
Lisa saß auf dem Bett, kaute auf einem Apfel und sagte ganz trocken: „Dann zieh doch Strumpfhosen drunter.“
Ich hab gelacht. So richtig. „Was?! Du meinst das jetzt nicht ernst.“
Aber sie sah mich nur an, nahm noch einen Bissen und meinte: „Doch. Wärmt, sieht gut aus, und ich trag’s ständig. Jetzt bist du mal dran.“
Ich dachte, sie macht Witze. Aber sie stand auf, ging zu ihrer Kommode, zog eine schwarze, blickdichte Strumpfhose raus – und reichte sie mir. Ich hab sie fassungslos angeschaut.
„Das ist eine Frauenstrumpfhose.“
„Und?“, sagte sie nur. „Ist ja kein Etikett drauf, das schreit ‚nicht für Männer‘. Außerdem – du hast tolle Beine. Wär schade drum, die zu verstecken.“
Ich weiß nicht, was genau mich dazu gebracht hat, sie tatsächlich anzuziehen. Vielleicht war’s ihre Ruhe. Ihre Selbstverständlichkeit. Oder dieses neugierige Funkeln in ihren Augen, als sie sagte: „Vertrau mir einfach. Du wirst überrascht sein.“
Ich hab also eine locker sitzende Shorts drübergezogen und ein grünes Hemd, das Lisa mir mal aus einem Vintage-Shop mitgebracht hatte. Wir sind los, und ich war nervös. Echt nervös. Ich hab ständig gedacht, Leute würden glotzen. Doch je länger wir unterwegs waren, desto mehr merkte ich: Keiner starrte. Im Gegenteil – ich bekam sogar ein paar anerkennende Blicke.
Am Tisch im Café fragte sie dann leise: „Und? Wie fühlt’s sich an?“
Ich grinste. „Ehrlich? Besser als erwartet. Viel besser.“
Von da an war’s irgendwie... ein Prozess. Ich hab angefangen, mich mit dem Thema zu beschäftigen. Welche Strumpfhosen sind bequem? Welche rutschen nicht? Was passt zu meinem Stil?
Lisa war immer dabei. Mal haben wir gemeinsam online bestellt, mal in der Stadt nach neuen Kombinationen geschaut. Sie hat mir gezeigt, wie vielseitig Strumpfhosen sein können – nicht nur funktional, sondern auch modisch. Mal unter Shorts, mal unter langen Hemden oder sogar beim Sport.
Heute ist es völlig normal für mich. Ich trag sie im Alltag, beim Einkaufen, im Büro. Und es ist spannend zu sehen, wie unterschiedlich die Reaktionen ausfallen. Ein Kollege meinte mal: „Respekt – ich würd mich das nicht trauen.“ Ich hab geantwortet: „Ich mich früher auch nicht. Aber es war die beste Entscheidung.“
Und Lisa? Sie sagt manchmal im Spaß:
„Ich hab dich nicht nur in Strumpfhosen gesteckt – ich hab dich modisch befreit.“
Vielleicht hat sie recht. Vielleicht braucht man manchmal jemanden, der einem hilft, alte Vorstellungen abzulegen.
Heute bin ich nicht mehr „normal“ – und das fühlt sich verdammt ehrlich an.